ARANEA+ Klettern & Badminton
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Bericht in der AZ „Klettern trotz Behinderung“

Bericht in der Schaffhauser AZ vom 06.11.2014

von Bea Hauser

Die Vereinigung Cerebral geht mit Menschen mit einer Behinderung ins Kletterzentrum Aranea – selbstverständlich mit Kletterseil und -gurt. Es ist beeindruckend, wie die Gruppe, die ausschliesslich aus Männern besteht, die Herausforderung annimmt und die Kletterwand meistert.

Bea Bolli und ihr Mann Robert Bolli sind in der Aranea anwesend, weil ihre Söhne in der Gruppe dabei sind, einer mit einer Behinderung, der andere ohne. Sie ist in diesem Fall eine Mutter, aber auch gleichzeitig im Vorstand der Vereinigung Cerebral Schaffhausen. Die Klettergruppe ist vollständig, sie besteht ausschliesslich aus jungen und zwei ein wenig älteren Männern – Lorenz, Manuel, Lukas, Rolf und Walter. Kati Laws von der Aranea leitet das Training. ‚Bei der Erwachsenengruppe von Cerebral sind es immer die Gleichen, bei der Kindergruppe gibt es regelmässigen Wechsel‘, sagt sie. Das Klettern für Menschen mit Behinderung findet am Samstag vor der offiziellen Öffnung des Aranea-Zentrums statt. Die Gruppe hat die grosse Halle für sich ganz allein.

Kati Laws leitet das Training souverän. Zum Aufwärmen müssen die Männer am Boden Übungen absolvieren, die einerseits durchaus herausfordernd sind, andererseits auch lustig. Und es geht um Schnelligkeit. ‚Kati arangiert für das Aufwärmen immer etwas Anderes, Neues‘, sagt Bea Bolli bewundernd. Die Trainerin ihrerseits teilt der Gruppe, die sich um sie versammelt, mit: ‚Das freut mich jetzt ungemein, dass ihr alle wieder da seid.‘ Sie habe gehört, dass der Eine oder Andere allein trainiert habe, auch Badminton.

Hindernislauf und Müllkübel
Zum Aufwärmen gebe es einen Hindernislauf und dann an der Wand ein Spiel mit Müllsammeln, kündigt die Trainerin an. Die Männer sollten auf dem Bauch über einen Holzkorpus kriechen, dann einen Ball aufheben, mit ihm ein paar Meter in einem Slalom rennen und später rückwärts hüpfen, was nicht ganz leicht ist. Am Ende, wenn sie wieder zurückrennen, müssen sie einen Gegenstand aus dem Hintergrund der Halle mitnehmen. Alle Männer machen dieses Training mit, aber man sieht grosse Unterschiede in der Auffassungsgabe. Und beim Tempo. Einige kapieren rasch und bewegen sich absolut athletisch und rassig. Andere sind viel langsamer, wenn ihnen erklärt wird, was sie machen müssen. Auch mit der Konzentration haperts oft. Als der ‚az‘-Fotograf auftauchte, wurden zwei junge Männer der Gruppe richtig kamerasüchtig. Für eine Weile war die Konzentration in der Halle weg.

Aber Kati Laws klatschte ein paarmal in die Hände, und schwupps waren die Kamera und die fremde Journalistin nicht mehr wichtig. Denn jetzt kam eine neue Übung. Die Männer mussten einen am Boden liegenden Klettergurt aufheben, ihn anziehen, wieder ausziehen und auf dem Boden zurückkrabbeln, den Nächsten abklatschen, der dann ebenfalls losrannte.

Ein gutes Zeichen
Bea Bolli ist begeistert. Sie sagt: ‚Die Männer freuen sich dermassen über den Kurs, dass sie immer wieder kommen. Das ist doch ein gutes Zeichen.‘ Manchmal ist es in der Halle sehr lärmig. Einige der Männer artikulieren sich äusserst laut. Aber man muss auch schreien, wenn Kati Laws die Gruppe zum Schnelllauf antreibt. Da wird gerannt, was das Zeug hält. Und geschrien.

Jetzt kommt die zweite Übung, das Abfallsammeln. An der Kletterwand ist in etwa drei Metern Höhe ein Abfallkübel an einem Griff aufgehängt. Und auf dem Boden vor der Wand liegen Dinge. Jeder muss jetzt einen Gegenstand aufheben, zur Kletterwand rennen, an den farbigen Griffen ein paar Stufen hinaufklettern, den Gegenstand in den Kübel legen und wieder hinunterklettern. Man könnte auch hinunterspringen, aber das macht keiner. Auch hier sind grosse Unterschiede feststellbar. Die einen Teilnehmer wetzen wie Eichhörnchen die paar Griffe hoch, andere müssen richtig kämpfen, und sie stöhnen laut. Kati Laws teilt die Männer in zwei Gruppen auf. ‚Weiter, weiter, schnell, schnell‘, ruft sie. Die Übung müsse eigentlich in 20 Sekunden erledigt sein. ‚Ich hänge meinen Abfallsack zuhause nun auch in dieser Höhe auf‘, schmunzelt Bea Bolli. Als die Übung fertig ist, sind alle Gegenstände vom Boden in den beiden Abfallkübeln verstaut. ‚Das habt ihr super gemacht, ich gratuliere‘, sagt Kati Laws – und das Lob erfreut die behinderten Männer sehr.

Dann wird richtig geklettert. Walter legt sich kurz hin, aber Kati Laws ruft: ‚Walter, steh auf, keine Zeit um sich auszuruhen.‘ Die Männer müssen den Klettergurt anziehen, das ist auch nicht ganz einfach. Manche sind zu eng, andere zu weit. Aber Kati Laws und Robert Bolli greifen ein und helfen, bis jeder Klettergurt richtig sitzt. Laws und das Ehepaar Bolli halten jeweils das Kletterseil, denn Menschen mit einer geistigen Behinderung haben nicht die Kraft, um ohne Seil zu klettern. Das Ziel ist, die 13 Meter hohe Kletterwand hinaufzusteigen und eine oben installierte Glocke anzuschlagen. Die Griffe in der Wand sind verschieden farbig. Das sind Zeichen des Schwierigkeitsgrads. Beide Kletterwände im Aranea sind ebenso wie die Wand an der freien Luft so eingerichtet. Man kann ganz leichte Routen oder richtig schwierige auswählen. Die Kletterroute für die Männer der Vereinigung Cerebral Schaffhausen gehört zu den eher leichten. Die Trainerin kennt die Teilnehmer gut, man spürt den guten Kontakt, den sie zu den Menschen mit Behinderung hat. 

Rolf beginnt mit dem Klettern. Absolut angstfrei klettert er hoch, ziemlich schnell, gesichert von Robert Bolli. Auch ein zweiter klettert völlig furchtlos und sicher. Einer sagt: ‚Ich fühle mich wie ein Elefant.‘ Und lacht dazu fröhlich. Mitten im Hochklettern sieht Rolf durch die Scheibe im ersten Stock des Aranea-Zentrums eine junge, hübsche Frau, die er offenbar kennt, und ruft: ‚Hallo, hallo.‘ Robert Bolli lacht und ruft Rolf seinerseits zu: ‚Konzentriere dich jetzt und klettere weiter.‘

Auch wenn Walter und ein Kollege sich schwertun beim Klettern – andere sind viel schneller –, sie haben Ehrgeiz und Durchsetzungswillen und wollen die Glocke hoch oben anschlagen. Sie quälen sich hoch, aber sie schaffen es, während Rolf sich am Seil von Robert Bolli hinunter gleiten lässt. Lorenz ist auch fast oben. Robert ruft immer noch ‚Hallo, hallo‘, Richtung Scheibe. ‚Nimm noch den Rest‘, ruft Robert Bolli einem langsamen Kletterer zu. Und Kati Laws ermuntert einen anden jungen Mann mit ‚Komm, komm, das machst du super.‘ Es ist wirklich beeindruckend, wie die Teilnehmer des Kletterkurses der Vereinigung Cerebrale Schaffhausen aktiv sind und am Ende alle die Route an der Kletterwand erfolgreich schaffen.

Die Kletterkurse in der Aranea finden noch am 8., 15., und 22. November statt. Informationen bei www.vereinigung-cerebral.­ch/sh oder Telefon 052/624 46 89.